Ist die Low-Carb-Ernährung ein Schwindel?
Ernährungstrends und Diäten sind von je her Diskussionsstoff zwischen Befürwortern und Gegnern. Das gilt auch für die Low-Carb-Diät. Während die eine Seite die Low-Carb-Ernährung als wirkungsvolle Ernährung zum Abnehmen und Fitbleiben preist, sehen die Gegner gesundheitliche Risiken bei dieser Ernährungsweise. Um sich dem Thema besser zu nähern, sollen nachfolgend die Aspekte dieser Ernährungsweise dargestellt werden.
Was ist die Low-Carb-Ernährung?
Die Unstimmigkeiten beginnen bereits bei der Definition, was eine Low-Carb-Ernährung überhaupt ist. Klar ist hier nur, dass bei dieser Ernährungsweise auf Kohlenhydrate verzichtet wird. Darüber hinaus gibt es jedoch keine eindeutige Aussage, was diese Ernährung beinhaltet. So gibt es zahlreiche Diäten, die sich das Etikett Low Carb anhaften.
Der Ansatzpunkt einer kohlenhydratarmen Ernährung als Low Carb zu bezeichnen, ist daher am hilfreichsten. Low Carb ist daher eine Ernährung, die deutlich unterhalb einer „normalen“ Essweise Kohlenhydrate beinhaltet. Demnach ist für viele eine Kohlenhydratzufuhr von 100 bis 150 Gramm Kohlenhydrate Low Carb. Das entspricht etwa einer Scheibe Brot oder einer Portion Müsli.
Einige Experten befürworten eine Kohlenhydratzufuhr von weniger als 50 Gramm, damit mit Low Carb das erreicht wird, was erreicht werden soll. Ziel ist nämlich die Ketose. Das beschreibt den Zustand, bei dem der Körper seine Energie nicht mehr vorrangig aus Kohlenhydraten gewinnt, sondern aus Fetten. Das wiederum fördert den Gewichtsverlust. Die 50 Gramm Kohlenhydrate sind bereits mit wenig Gemüse und Beeren erreicht. Darüber hinaus sind keine Nudeln, keine Kartoffeln, kein Reis, keine Hülsenfrüchte, keine Milchprodukte, keine Eier, kein Wein, kein Bier und vieles andere nicht erlaubt.
Protein ersetzt Kohlenhydrate
Bei der Low-Carb-Ernährung werden die reduzierten Kohlenhydrate mit Proteinzufuhr ersetzt. Das bedeutet in erster Linie Fleisch und Fisch. Hier lauert aber bereits die erste Gefahr. Überschüssige Proteine werden vom Körper zu Glucose umgewandelt. Glucose ist Zuckern, Kohlenhydrate in Reinform. Die Bildung von Glucose verhindert auch die Ketose – der körperliche Zustand, der eigentlich mit Low Carb erreicht werden soll.
Aufgrund dieses Zusammenhangs hat sich die Regel „wenig Kohlenhydrate, viel Fett und gemäßigte Proteinmengen“ unter Low-Carb-Befürwortern gebildet. Die Proteinmengen sind jedoch immer noch deutlich über der empfohlenen Menge. Gemäßigt bedeutet hier bei einer Proteinzufuhr nur aus Fleisch gut 700 Gramm Fleisch täglich – das ist enorm. Alternativ gibt es im Übrigen auch vegetarische und vegane Low-Carb-Ernährweisen, die aber erstaunlich wenig Erwähnung finden.
Die hohe Proteinzufuhr hat nämlich noch ein deutlich schlimmeres Risiko. Wissenschaftlich gut belegt ist nämlich der Zusammenhang zwischen zugeführter Proteinmenge und steigendem Krebsrisiko. Mehrere Studien zeigen auf, dass bei Menschen, die weniger als fünf Prozent ihrer Ernährung aus Proteinen bestreiten, Krebs am seltensten auftritt. Bei der Low-Carb-Ernährung werden 25 bis 30 Prozent aus Proteinen bestritten. Entsprechend steigt das Krebsrisiko.
Ein gesunder Cholesterinspiegel benötigt keine Low-Carb-Ernährung
Befürworter der Low-Carb-Ernährung weisen gern darauf hin, dass durch die kohlenhydratarme Ernährung der Cholesterinspiegel wieder in normale Regionen einpendelt. Tatsächlich gibt es Anzeichen dafür, dass diese Ernährung den Cholesterinspiegel senken kann, jedoch ist dafür eine Low-Carb-Ernährung nicht zwingend erforderlich.
Auch hier weisen die Forschungsergebnisse seit mehr als 50 Jahren eher in eine andere Richtung. Tatsächlich ist es besser, tierische Proteine mit pflanzlichen zu ersetzen. Kohlenhydrate und Fett spielen dabei keine Rolle. Neuer Erkenntnisse zeigen sogar auf, das durch die Nahrung aufgenommenes Cholesterin möglicherweise gar keinen Einfluss auf den Cholesterinspiegel hat. So oder so, die Low-Carb-Ernährung hat keinen positiven Einfluss auf den Cholesterinspiegel.
Low-Carb-Ernährung heißt viele Fette
Selbst unter Low-Carb-Befürwortern ist der Anteil an Fetten an der Ernährung nicht immer so eindeutig. Nach obiger Regel muss diese Ernährung aus viel Fett bestehen, denn irgendwie müssen ja die benötigten Kalorien zu sich genommen werden. Zur Deckung des Kalorienbedarfs müssen die Mahlzeiten aus 50 bis 70 Prozent Fett bestehen. Gemeint sind hier aber gesunde Fette. Dazu zählen Omega-3-Fette, gesättigte Fette und einfach ungesättigte Fette.
Das würde bedeuten, dass zum Beispiel fettreiches Fleisch, Schweineschmalz sowie Kokos- und Olivenöl alle empfehlenswert wären. Beim Kokosöl und Olivenöl lässt sich das sicherlich bejahen. Fettiges Fleisch und Schweineschmalz als tägliche Mahlzeit müssen aber hinterfragt werden.
Low-Carb-Ernährung heißt viel Salz
Der Verzicht auf Kohlenhydrate bedeutet auch ein Verzicht auf Zucker. Dadurch wird auch der Insulinspiegel im Körper gesenkt. Das ist bei dieser Ernährung durchaus erwünscht, weil es die Ketose unterstützt. Ein niedriger Insulinspiegel bedeutet auch, dass der Fettabbau nicht gehemmt wird und die Einspeicherung von Fetten nicht mehr stattfindet.
Insulin erfüllt im Körper aber viele Funktionen, unter anderem für den Muskelaufbau. Es verhindert aber auch, dass zu viel Natrium – ein wichtiger Mineralstoff – über die Nieren ausgeschieden wird. Dadurch gerät der Mineralstoffhaushalt des Körpers aus dem Gleichgewicht. Um das auszugleichen, muss bei der Low-Carb-Ernährung viel Salz (Natriumchlorid) zu sich genommen werden.
Was nach einem einfachen Ausgleich klingt, bringt aber wieder neue Probleme mit sich. Salzreiche Mahlzeiten belasten die Nieren – Salz muss in seine Bestandteile zerlegt werden – und kann Bluthochdruck begünstigen. Salz kann zudem weitere gesundheitliche Folgen auslösen, insbesondere für auf Salz empfindlich reagierende Menschen.
Warum wird Low Carb so propagiert?
Es konnte bisher sehr einfach gezeigt werden, dass die Low-Carb-Ernährung offenbar ihre Schwachpunkte hat. Dennoch wird sie von vielen Menschen befürwortet und praktiziert. Für diesen Erfolg gibt es ein paar einfache Erklärungen. Die erste und einfachste ist die, dass die Low-Carb-Ernährung viel Ähnlichkeit mit der bisherigen Ernährung vieler Menschen hat. Viel Fleisch, wenig Obst und Gemüse als Empfehlung findet da schnell Anklang. Einzig der Verzicht auf Brot und Süßigkeiten fühlt sich dann für viele wie ein echtes Diäthalten an.
Der Lieblingsvergleich der Low-Carb-Befürworter ist zudem eine Low-Fat-Ernährung. Low Carb sei in Sachen Gewichtsreduzierung und Fitness wesentlich erfolgreicher als Low Fat. Ob das wirklich so stimmt, ist wissenschaftlich nicht abschließend erklärt. Für jede vergleichende Studie, die Low Carb ein besseres Ergebnis ausweist, gibt es eine gegenteilige Studie. Zudem gibt es viele weitere Ernährungsforen, mit denen nicht verglichen wird. Warum eine vitalreiche High-Carb-Ernährung nicht besser sein sollte, erschließt sich nicht.
Was ebenfalls gerne verschwiegen wird, sind die Nebenwirkungen, die bei einer Low-Carb-Ernährung auftreten können. Magen-Darm-Probleme, Mundgeruch, Kopfschmerzen, Muskelkrämpfe und Hautausschläge können als Folge von Low Carb auftreten. Hinzu kommen weitere gesundheitliche Probleme, wenn zum Beispiel der Mineralstoffhaushalt nicht ausgeglichen wird. Insgesamt ist die Low-Carb-Ernährung sicherlich keine weitsichtige oder nachhaltig erfolgsversprechende Ernährung.
Auch interessant